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Rekordschneeschmelze 2006 im Waldviertel
Zwei
Meter Schnee im Waldviertel, keine Tauperiode zwischendurch - das versprach
spannend zu werden! Die Schneelast hatte aber auch viele Bäume geknickt,
Vorsicht war also geboten. Am 26.3. begann die wilde Jagd: Die untere Krems von
Hohenstein bis Krems reichte für den Einstieg. In der Nacht explodierten die
Wasserstände, eine Woche lang bewegten sich die Pegel in Bereichen des
5-jährigen Hochwassers. Während unsere wilde Truppe auch vor steilen
Waldschluchten nicht zurückschreckte (Gr./Kl. Krems, Ysper, Lainsitz), suchten
wir die kleinsten Bäche auf: Pulkau, Taffa und dann endlich Neuland: Südlich
von Krems mündet die Fladnitz in die Donau, ein lang gehegtes Projekt!
Wir konnten sogar im Halterbach einbooten und flotte 6 km zurücklegen,
durchaus nettes Wildwasser (WW I-II). Tags darauf wollten wir im
Dunkelsteinerwald weitermachen und gelangten bis zur Mank oberhalb St.
Leonhard am Forst.
Erstaunlich flott und naturbelassen die 2 km lange
Waldschucht am Anfang (WW II bei etwa 3 m3/s), dann auf der Melk
reguliert, aber "renaturiert" weiter bis Mannersdorf. Bei der
Heimreise durch das Weitental glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen - da
hatte ich doch jahrzehntelang einen Waldviertler Bach übersehen! Bei Eitenthal
mündet unauffällig der Schwarzaubach, der vom Ostrong parallel zur
Donau durch ein tiefes Waldtal fließt. Schon am nächsten Tag konnte ich mit
einer sechsköpfigen Mannschaft in Pöbring in den 3-6 m breiten Bach einbooten.
Die Wasserführung von etwa 2 m3/s (Zwettl noch 315 cm!) reichte gerade noch,
wunderschön die Fahrt unter einer alten Steinbrücke durch, 5 km bis zur
Mündung (WW II), dann noch am wuchtigen Weitenbach bis vor Weitenegg.
Ostern in Slowenien
Geplant war der ligurische Apennin, doch zwei Tage vor Abreise stand fest:
Dort ist kein Wasser! Erstmalig in der Geschichte des Kajak Club Gars gelang es, 13 Paddler
kurzfristig umzustimmen, die Internetpegel versprachen reiche Beute in
Slowenien, und das liegt immerhin ja auch im Süden! Beim Treffpunkt Arnoldstein
begrüßten uns die tiefverschneiten Berge, immerhin noch 12 Grad (plus).
Jahrelang sind wir an der Gailitz (Slizza) vorbeigefahren, Hans Matz
hatte sie nach dem Autobahnbau abgeschrieben. Dank www.kajak.at
kannten wir die neue Ausstiegstelle vor den unbefahrbaren Geröllbremsen und
konnten daher in Tarvis einsteigen
(Pegel Tarvis Brücke 40 cm entspricht
Internetpegel Thörl 111 cm = 10 m3/s, gutes NW). Tatsächlich eine herausragend
schöne Klamm mit nicht zu unterschätzenden Stellen (WW III-IV, einmal X). Nach
einer Nacht in Bovec ließen wir die Soca unbeachtet und wandten uns der Nadiza
zu, die westlich von Kobarid Richtung Italien fließt. Leider sehr wenig Wasser
(Uceja 5 m3/s), aber die herrliche Einbootstelle an der Napoleonbrücke bei
Podbela und die kurze Klamm vor dem Ausstieg an der Hauptstraße bei Robic
entschädigten uns (8 km, WW II). Als Draufgabe paddelten wir nachmittags noch
die Idrijca, bei Pegel Podroteja 13 m3/s (der liegt kurz oberhalb von
Idrija) waren die Katarakte von Stopnik mit ca. 25 m3/s sehr wuchtig (WW IV-).
In Dolni Trebusa mündet von links die glasklare Trebuscica
, die wollten
wir uns morgen vorknöpfen! Am 10.4. fahren wir 7 km bachaufwärts durch
prachtvolle Felsschluchten, eine kleine Reichraming! Nur eine wilde Blockstelle
am Beginn ist zu umtragen, einige steigen oberhalb in die Boote. Gemeinsam
passieren wir eine alte hohe Steinbrücke in einer engen Klamm (WW II-III), doch
schon nach knapp 2 km ist die Fahrt zu Ende, die Polizei erklärt uns höflich,
aber bestimmt, dass Paddeln hier (wie angeblich im ganzen Bezirk Tolmin, die
Soca ausgenommen) aus Fischereiinteressen verboten sei. Wir können nur hoffen,
dass diese Regelung bald wieder fällt und wechseln den Bezirk. Über eine
kleine Passstraße gelangen wir nach Idrija an den obersten, noch
unbeschriebenen Lauf der Idrijca. Aus einer riesigen Karstquelle, dem
"wilden See (divje jezero)", kommt ein Großteil des Wassers, aber es
bleibt genug für die oberste Idrijca, in die wir bei der Mündung der
Belca einbooten. Obwohl wir bei der Anfahrt nicht geglaubt hätten, die wild
verblockten Katarakte durchfahren zu können, gelingt uns eine technisch
reizvolle, 4 km lange Tour durch die Karstschlucht (WW III bei 3 m3/s). Nur 20
km östlich entspringt der südliche Quellfluss der Sora, die Poljanscica
Sora .
Am Ende einer durch Wehranlagen nur mühsam zu bewältigenden Waldschlucht
booten wir in Fuzine an der Mündung der Hobovscica ein, die Dietmar Fries
gleich noch mitnimmt. Die laut Führer (Hans Matz 1975) "interessante
Blockstrecke bei Trebija" bietet noch 1 km schönes Wildwasser bis WW III
(etwa 15 m3/s, Internetpegel Suha ca. 35 m3/s), dann wird die Fahrt leicht. Im
strömenden Regen bei wenigen Plusgraden booten wir nach 6 km in Gorenje Vas
aus. Gerhard hat mit Familie genug vom Campingurlaub im Süden und reist
heimwärts, der Rest (verwöhnt durch schöne Hotelzimmer oder Wohnmobile)
beschließt, an die sonnige Kvarner Bucht auszuweichen. Im klassischen k.u.k.
Badeort Opatija steigen wir im Hotel Kvarner (erbaut 1883) ab und genießen das
Ambiente der Kaiserzeit. Der morgendliche Blick auf das blaue Meer ist
wohltuend, der Blick zu den weiß verschneiten Küstenbergen weniger! Wir fahren
zur naheliegenden Recina
, die wir schon 1997 mit Hans Matz entdeckt
haben. Aus einer gewaltigen Karstquelle 10 km nördlich von Rijeka, die zur
Trinkwasserversorgung genutzt wird, dringen 25 m3/s glasklares, grünes Wasser.
Obwohl auf den ersten 6 km wenig Gefälle (7 Promille) ist, geht die Post
gewaltig ab (WW II). Ein Wehr bei km 4 muss links umtragen werden, dann
erreichen wir bei km 6 die Ausbootstelle von 1997. Wir hatten uns damals
trotz etwas niedriger Wasserführung nicht weitergetraut, da bald eine steile
Waldschlucht beginnt. Diesmal konnten wir nach genauerer Erkundung noch 1 km
verlängern, um bei der netten Gasparov-Mühle bei Lukezi auszubooten. Von hier
weg steigt das Gefälle auf etwa 25 Promille, Felsrippen bilden mächtige
Stufen, zwei Wehre müssten umtragen werden, dann endet der Fluss nach 3 km im
Stausee (diesmal rinnt sogar etwas Überwasser durch die gewaltige Klamm zum
Meer...). Wieder vertagen wir das hochinteressante Projekt auf
Niederwasserzeiten. Quer durch das staubtrockene Istrien geht es nach Porec, von
dort frisch erholt wieder zurück in den slowenischen Karst. Der Zirknitzer See,
im Sommer eine Wiesenfläche, ist randvoll, 85 m3/s schaffen die Schlundlöcher
der Polje, der Seebach ("Fluss mit den 5 Namen") staut sich auf! Wir
wollen die dritte Wiedergeburt, den Rak befahren, zunächst blicken wir
begeistert zu dem Höhlenfluss hinunter, doch langsam erkennen wir, dass von
allen Seiten Quellen dazudringen, die eine Fahrt durch die 300 m lange Höhle zu
riskant machen. Nach 3 km verschwindet der Rak mit einem gewaltigen Katarakt in
einem Riesenloch, viel zu viel Wasser (Ljubljanica Moste ca. 100 m3/s). Um den
Tag noch zu retten, reisen wir "zwei Stock höher" zur ersten
Erscheinung des Flusses, hier Oberseebach oder Obrh genannt. 12 km
mäandriert der klare Bach von Quelle zu Schlundloch, wo er schon vorher auf
vielen Stellen versickert. Nach dieser abendsportlichen Betätigung wird die
Hotelsuche mühsam, erst gegen 21 Uhr finden wir ein Motel nahe Kocevje, wo wir
eigentlich gar nicht hinwollten. Über Ljubljana geht es zurück zur Sora nach
Skofja Loka, einer schönen mittelalterlichen Stadt, wo die beiden Quellflüsse
zusammenmünden. Die Selska Sora (Selscica) führt reichlich glasklares,
grünes Wasser, sodass wir ganz an den Oberlauf fahren und die "sehenswerte
Klamm" zwischen Zali Log und Zelezniki gleich im Boot durchfahren - halb so
spektakulär, aber 7 km nettes Wildwasser bis WW III. Die Folgestrecke wäre auch
sehr lohnend, WW I-II, doch uns hat längst die Sammelleidenschaft gepackt - die
Kokra wartet! Oft sind wir daran vorbeigefahren, doch jetzt stimmt alles,
eine wunderschöne Fahrt 15 km von der Klamm weg bis Britof, ab Preddvor leider
durch viele Gefällbremsen mit Eisenstehern verbaut. Mit einem Rest der
Mannschaft fahren wir zur
Savinja und nächtigen im gemütlichen Paddlergasthaus
Prodnik. Auch unser letzter Paddeltag beschert uns noch eine Flussneuigkeit: In
Luce mündet von rechts die Lucnica, wir booten direkt bei einer Quelle
ein und sind über die kurze Waldschlucht (WW III+) positiv überrascht (7 km).
Nach Umfahrung des Katarakt von Luce und folgender Engstelle paddeln wir noch 10
km auf der wuchtigen Savinja (Pegel Nazarje 30 m3/s). Vergessen hatte ich
auf den Brückenabfall vor dem Gh. Prodnik, die Mörderstufe schaffe ich
gerade noch mit einer Kerze, Christl überschlägt sich, kommt aber schnell zum
Ufer. Mit diesem Paukenschlag geht ein ereignisreicher Osterurlaub zu Ende, vom
Wetter spricht schon keiner mehr, woher soll ja auch das viele Wasser sonst
kommen?
Am Kamp geht´s rund!
Kamptaler Weinfrühling, Kamptaler Spitzbuam beim Frühjahrskonzert meiner
Bürgermusikkapelle - die Saison bricht los, und am Kamp ist noch immer Wasser
wie im März! Der 22.4. bringt uns in das Paradies des Großen Kamp, die vielen
umgebrochenen Bäume sind oben drüber und unten durch zu bewältigen, nur nicht
beide Methoden gleichzeitg! Am
1.5. geht nach kurzem Regen sogar noch der scharfkantige Purzelkamp, der
allerdings sein zweites Bootsopfer heuer fordert. Die gesicherte Wasserführung
bringt viele zum oberen Kamp, das "Roitl" fordert seinen Tribut, so
auch bei der Clubausfahrt am 7.5., bei der auch unsere Jüngsten tapfer durch
die Blockwildnis irren ("ich hasse Labyrinthe..."). Noch einmal sieht
uns der Kamp, diesmal nur von Gars bis Buchberg, aber mit Fernsehbegleitung für
einen Werbefilm, der Kameramann ist begeistert!
Endlich ist das ereignisreiche Frühjahr aufgearbeitet, am 28.5. sollten wir
am Kir eintreffen..................
Albanien - ein Traum wird Wirklichkeit
Text W. Mück, Fotos H. Eichwalder und R. Würthner, Kajak Club Gars
Am 27.5.2006 sitzen wir in einem Restaurantgarten am Ufer der Buna und
blicken ungläubig in den Fluss - keiner von uns hat eine solche Menge
smaragdgrünen Wassers zuvor gesehen! Die Daten sprechen aber für sich: Hier
bei Shkoder vereinigen sich Moraca und Drin, zusammen ein Einzugsgebiet von
17.000 km2, MQ 672 m3/s , zweitgrößter Adriazubringer, soviel wie der Inn!
Gleich werden wir unseren albanischen Begleiter treffen; ein Abenteuer der
Extraklasse liegt zweifellos vor uns!
Vorgeschichte:
In den Jahren 1930-1935 bewältigten Faltbootfahrer die Schluchten des Drin,
dann war Albanien für paddelnde Fremde bis 1992 unerreichbar. Diese
"Lücke" in den wohl wildesten Schluchten des Balkan veranlassten den
Kajak Club Gars schon 1994 zu einer Stippvsite, in "Österreichs
Kanusport" 4/1994 konnte ich darüber berichten. Die damaligen Eindrücke
schreckten meine Freunde lange vor Folgeprojekten ab. Erst im Jahre 2002 folgte
eine Naturfreundeexpedition, die mit Hilfe des einzigen albanischen
Wildwasserpaddlers, Gent Mati, über großartige Flüsse im Süden des Landes
berichtete. Die nächste Nachricht kam von ungarischen Kameraden, die im Jahr
2005 den Norden durchstreift und unter www.kajak.at
darüber berichtet hatten. Nun galt es nur mehr, Freunde für den Trip zu
finden, doch das war schwer! Erst im Frühjahr konnten wir den Kontakt zu Gent
Mati suchen ( www.outdooralbania.com
), der uns dann im letzten Moment seinen Vater als Begleiter anbot. Wir reisten
mit zwei PKW zu fünft über Split, Dubrovnik bis Ulcinj, wo wir recht
problemlos die Grenze nach Albanien überschritten.
In den nordalbanischen Alpen
"Alle Paddler wollen am ersten Tag paddeln", meinte Ilir, unser
Begleiter, der sich rasch als absoluter Volltreffer erwies. Einen besseren
Landeskenner konnten wir nicht finden. Wir fuhren also das Tal des
Kir
von Shkoder aufwärts, doch leider war mein Octavia der Piste nicht gewachsen.
Nach einem Reifenwechsel konnte ich gerade noch die Boote bis zur Einbootstelle
in Prekal bringen, dann beschlossen wir die mehrtägige Tour nur mehr mit dem
idealen Puch G fortzusetzen. Prekal ist ein kleines Dorf 20 km flussauf von
Shkoder an einem Rechtsknick des Kir, der hier von starken Quellen gespeist
wird. In einer Gaststätte erhielten wir reichlich Speis´ und Trank (Schaf,
Schwein, Ziege, Kuh, alles da, und Zwiebel und Knoblauch dazu), dann konnten wir
am Boden schlafen. Frühmorgens saßen wir in den Kajaks und starteten auf
glasklarem Wasser, das wir gerade zuvor aus der Quelle getrunken hatten. Mit
Gipfelhöhen unter 2000 m war der Kir schon am Abrinnen, die 5 m3/s reichten
aber noch. Wie von den Ungarn gut beschrieben, begann die Fahrt mit einem
leichteren Teil (WW III) in herrlicher Gebirgswelt. Nach ca. 4 km beginnen kurze
Karstklammen, deren Einfahrt wir großteils umhoben. Nach 8 km beendeten wir die
Fahrt, wir hatten ja noch eine kräftige Autotour vor uns! Nur 35 km sind es zum
nördlich gelegenen Shalatal, über einen 1200 m Pass auf wilder Geröllpiste
allerdings 5 Stunden (ohne Bierstops in den beiden Kurvenbars). Abends kamen wir
an der Shalabrücke an, wo wir unser Freilager für zwei Nächte bei den Resten
der Siedlung "Lotaj" aufschlugen. Mächtig donnerte die Shala
vorbei, kein Kleinfluss mehr, sondern eine Salza zur Hochschmelze! Gespeist vom
höchsten Berg Albaniens, dem 2700 m hohen Jezerces, bahnt sich dieser 50 km
lange Fluss seinen Weg zum Drin. Morgens besichtigten wir gleich oberhalb den
Straßencanyon (auch Porta Shala, ungar. Utso). Das war nicht unser Revier, WW V
bei 30 m3/s! Oberhalb, beim Dorf Shala (auch Bregu Lumit -"am Ufer des
Flusses"), ist zwar ein kurzes ruhigeres Stück, doch gleich beginnt wieder
eine gewaltige Steilzone, die an die Achstürze der Ötz erinnert - Hochachtung
vor den Bezwingern! Wir gaben uns ein kurzes hochalpines Genussstück (3 km WW
II) von einem kleinen Kraftwerk bis vor die Abbruchkante, herrlich, so ohne
Stress! Im Dorf interviewte Ilir vor meiner Kamera die Bevölkerung, er ist
nämlich u.a. Talkmaster im albanischen TV! 7 Stunden zur nächsten Stadt, ein
völlig desolates Spital ohne Arzt, kein Wunder, dass viele Häuser verfallen
und die Menschen abwandern! Immerhin konnten wir eine Ziege erwerben und am
Lagerfeuer zubereiten. Uns bangte schon etwas vor dem nächsten Tag: Der
Unterlauf der Shala war erst vor 3 Wochen von Gent erstbefahren worden,
angeblich "alles leicht, vielleicht müsst ihr zweimal tragen". 19 km
bis in den Drinstausee, riesige Schluchten, wuchtiges Wasser? Regentropfen
weckten uns vom Schlaf, um 7:45 Uhr saßen wir in den Booten (keiner wollte die
Bergstraße ein zweites Mal fahren). Nebelschwaden hingen über dem Fluss, der
einem weiteren Felstor zuströmte. Nach 3 km war es soweit - diesen
Schluchteingang wollten wir nicht paddeln (Wucht WW IV), er ließ sich aber
rechts umtragen. Nun gab es kein Zurück mehr! Wir durchpaddelten
Riesenschluchten , die nur mit dem griechischen Aoos vergleichbar sind, die
Schwierigkeiten glücklicherweise geringer, doch einige Stellen mehr mussten wir
vorsichtshalber umtragen. Schließlich erreichten wir eine Passage, wo sich die
ganze Shala durch einen 1m-breiten Schlitz zwängt. Man kann zwar rechts
herumfahren, doch unsere Nerven waren mürbe - wir legten eine Pause nach 4
Stunden Fahrt ein! Ein neuer klammartiger Canon folgte, doch diesmal paddelten
wir ca. 2 km durch eine Märchenlandschaft ohne Problem. Nach 5 Stunden für 12
km erreichten wir die Stauwurzel des Drinstausees. 2 km vor der Mündung sollte
ein Motorboot auf uns warten, welches uns zur Staumauer bringt. Wir paddelten
noch 7 km im See bis zur Mündung und dann noch ein Stück im riesigen See, kein
Boot weit und breit! 12 km wären es noch bis zur Mauer, kein Spaß bei
Gegenwind!
Endlich kommt uns eine Blechzille entgegen, unser Mann, wir klettern gleich auf
See hinein. Eine halbe Stunde später sind wir bei unserem Puch, durch ein
wüstes Tunnel durch, und auch mein Octavia wartet in einem netten
Restaurantgarten. Der Besitzer pflegt seinen Rosengarten mit Liebe, auch das
Essen ist vorzüglich, wir campieren hier. Zum Frühstück gibt es Gulaschsuppe
mit Uhudler und Zwiebel, wir sind wieder fitt! Von der Staumauer weg bringt uns
eine Autofähre "seeaufwärts" durch die wildesten Schluchten des Drin
bis nach Fierze, wo die Valbona mündet. Diese Route wird von vielen Reisenden
Richtung Kosovo gegenüber der Bergstraße bevorzugt. Von Fierze fahren wir die Valbona
flussauf und blicken auf den mächtigen Strom, der hier überschaubar leicht
durch eine Schlucht rauscht. 18 km flussauf erreichen wir die unbefahrbare
Dragobia-Klamm, Endpunkt des wilden Oberlaufes. Auch hier ist die Schneeschmelze
noch voll in Gang, die kurzen leichteren Zwischenstücke können uns nicht
überzeugen, der Fluss zeigt 15 km schwerstes Wildwasser mit einem unbefahrbaren
Zwischenstück. Die Autofahrt lohnt dennoch, wir nächtigen bei einer neuen
Berghütte. Am Morgen besichtigen wir die großartige Kulisse des Hochtales, die
Berge erinnern an den Karwendel, leider sind die Hotelanlagen aus
kommunistischer Zeit verfallen. Wir haben Ilir inzwischen überzeugt, dass es
auch unter Paddlern eine "Slow-Food-Generation" gibt, was ihm sehr
gefällt. Den Unterlauf ab der Klamm hat bisher noch niemand befahren, sein Sohn
meinte bloß: "zu leicht"! Genau dort booten wir bei zwei starken
Quellen ein, 30-40 m3/s führen uns blitzschnell durch phantastische, niedrige
Konglomeratschluchten, nur kräftige Prallwasser sorgen für leichtes WW II. Von
der letzten Brücke weg beginnt die 7 km lange Straßenschlucht, deren rote
Felsen an den Var erinnern, die Wasserwucht nimmt zu, einige kräftige Schwälle
sind gut WW III. Insgesamt 18 km bis zur Stauwurzel sind wir in weniger als 2
Stunden gepaddelt, wir sind hochzufrieden. Kaum sind wir an Land, beginnt
es zu regnen, wir können aber auf der Fähre schlafen, die morgens zeitig
retour fährt.
"Erholung" im Süden
Ursprünglich wollten wir ja nur 5 Tage in Albanien verbringen und dann über
Montenegro zurückreisen. Die guten Wasserstände und die kompetente Betreuung
ließen uns aber umplanen, nun wollten wir auch den Süden kennen lernen und mit
der Fähre zurückreisen. Erholung war nach 5 Tagen im Gebirge angesagt, aber
noch nicht heute!
Mit beiden Autos geht die Fahrt auf passablen Straßen südwärts, dann das Tal
des Fan aufwärts bis Rreshen. Wir sehen viele Zeichen einer öst.
Hilfsorganisation, die hier in der verfallenden Bergwerksregion unterstützt.
Silber und Kupfer wurde hier schon von den Illyrern abgebaut, begehrt bei
Phöniziern, Griechen und Römern. Auf einer befestigten Bergstraße geht es
weiter hoch über den Tälern des Großen und Kleinen Fan ("Fan i Vogel").
Nur
der "Vogel" ist befahren, der andere scheint wieder "zu
leicht". Wir bleiben dennoch beim Plan und booten in Reps ein. Es sind ja
nur 20 km WW III bei Niederwasser, ca. 5 m3/s, ev. zweimal umtragen! Eine tiefe,
rotbraune Felsschlucht erwartet uns, die Fahrt geht erstaunlich leicht voran.
Nach einer kurzen Portage meinen wir, unseren Erholungsfluss gefunden zu haben,
doch nach 2 Stunden Fahrt stehen wir vor einer Bergsturzzone, die auf 300 m jede
Weiterfahrt versperrt! Hannes´ Flüche hallen durch die Klamm, fast eine Stunde dauert die mühsame Klettertour mit den
Booten, dann geht es nett weiter, schon meinen wir, denn Schluchtausgang zu
erkennen. Nochmals müssen wir klettern, wenn auch nur 20 Minuten! Dann sind wir
im weiten Schotterbett, nach insgesamt 4 Stunden bei den Autos. Jetzt ist jeder
fertig, wir müssen aber noch 3 Stunden bis Tirana fahren! In der Dunkelheit
erreichen wir die Hauptstadt, die gute Schnellstraße wechselt in eine
Panzerteststrecke, von der Rush-Hour gar nicht zu reden! Endlich sind wir bei
einer netten Jugendherberge, Essen, Schlafen und Schluss!!
Am Morgen weckt mich ein vertrautes Tropfen - es regnet nicht nur draußen, es
tropft auch leicht von der Decke! Aber es gibt auch richtige Duschen hier, wir
können uns einen Tag regenerieren, Notizen machen, lesen, Ansichtskarten
schreiben (die nie ankommen?). Tirana City ist eine moderne Stadt mit allen
Annehmlichkeiten, keinerlei Sicherheitsprobleme. Ilir will uns zu einer
Rundreise durch ganz Südalbanien überreden, Shkumbin, Devoll, dann über Korca
zum Aoos, doch wir wollen auch etwas Kultur sehen. Am Pfingstsonntag besichtigen
wir Apollonia, die Reste der römische Hafenstadt, mit einem Amphitheater, dann
geht es weiter nach Berat, einer wunderschönen "Museumsstadt" am
Schluchthang des Osum. Mitten in der türkisch geprägten Altstadt nächtigen
wir bei "Tomi", der ein sehr gepflegtes Hotel betreibt. Am nächsten
Tag fahren wir 55 km flussauf bis Corovode, wo mein PKW wieder zurückbleiben
muss. Schon unterwegs macht der Osum
einen netten Eindruck, doch was uns auf den nächsten 12 km erwartet,
übertrifft alle Beschreibungen: Der Fluss hat sich in das U-Tal einen 100 m
tiefen Canon gefräst, nur selten kann man in die Abgründe blicken! Das Wasser
reicht noch (5 m3/s), schnell sind wir in der finsteren Klamm verschwunden. Ohne
besondere Schwierigkeiten (WW II) geht es von Prallwand zu Prallwand,
Wasserfälle stürzen von der Seite, mehrmals verengt sich der Fluss auf weniger
als 3 m! Dieser Fluss gehört tatsächlich zu den Glanzlichtern Europas, der
Ardeche ebenbürtig! Nach 3 Stunden mit Film-u. Fotoorgien sind wir wieder in
Corovode. Die Debatte über den letzten Paddeltag wird etwas heftig, der
Vorschlag, auf einem neuen Pfad quer über die Berge zu fahren, findet keine
Mehrheit im Fahrerlager, Ilir will uns aber noch unbedingt zur Lengarica
führen. Wir reisen auf der Hauptstraße zurück bis Fier, von dort über
Tepelene das Tal des Aoos (Vjose=Via Aoos) aufwärts bis Permet, wo wir nach 200
km in dunkler Nacht links in ein Nebental einbiegen und bei einem einsamen
Landhotel halten. Als ich frühmorgens (wie immer, da sind wir ja
Spitzenreiter!) aus dem Fenster des gemütlichen Schlafzimmers blicke, glaube
ich noch zu träumen: In 35 km Entfernung erkenne ich die Berge von Konitsa, wo
ich 1984 mit Hans Matz die Aoosschlucht durchpaddelt habe! Einige
Kilometer bachaufwärts gelangen wir zu einer Türkenbrücke am Ausgang einer
Klamm. Von beiden Seiten strömen warme Schwefelquellen aus den Felsen, schon
die Römer sollen diese Gelegenheit zum Bad benutzt haben! Der Weg aufwärts ist
nicht wirklich befahrbar, Ilir hat als Abschlusskick für uns zwei Esel
angemietet. Mit Seilen und Spanngurten befestigen wir 5 Boote, dann trabt die
Karawane los. Aus 300 m Höhe blicken wir auf die Klamm, deren Erforschung Ilir
und Gent erst vor 2 Jahren geglückt ist. Nach 2 1/2 Stunden Marsch erreichen
wir den Klammanfang und booten vertrauensvoll ein. Das Wasser reicht auch eher
bloß zum Canyoning, aber hier zählt nicht das Wildwasser! Über einige steile
Eingangskatarakte (bei NW etwa WW III-IV) krachen wir direkt in eine
Klammfinsternis, die wir so nur am Esteron, in den Lammeröfen oder im
Vikoscanyon erlebt haben. Nach etwa 4 km erreichen wir den Ausgang und nehmen
das obligate Thermalbad. Bei der Rückreise besichtigen wir den Aoos, der hier
blaugrün in einer niedrigen Konglomeratschlucht dahinströmt. Vor 12 Jahren
sind wir die Schlucht von Kelcyre gepaddelt, der Ort ist kaum wieder zu
erkennen. Albanien hat enorm gewonnen, viel ist aber noch zu tun! Wir nächtigen
nochmals im schönen Berat, dann geht die Fahrt zum Fährhafen Durres und über
Triest nach Hause.
Rückblick:
Die Familie Mati hat die Wildflüsse Albaniens sehr gründlich erkundet,
viele Paddler (vor allem Italiener) haben davon bereits profitiert. Zuwenig
beachtet wurden bisher die wunderschönen leichten Flüsse, hier gibt es noch
viel zu entdecken! Gerade in Verbindung mit Griechenland bieten sich einige
Möglichkeiten zum Kennen lernen, aber auch die Anreise über Montenegro,
Mazedonien oder Italien (Fähre) ist interessant.
Über Albanien gäbe es weit mehr zu berichten als Paddelabenteuer, allein die
Erzählungen Ilir´s würden Bücher füllen...! Wir wünschen den Nachfahren
des Illyrerkönigs Gent alles Gute, Mirupafhsim Shqiperia, Auf Wiedersehen
Albanien, and good luck, Mr. Mati!
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